Sechs Männer, ein Wille: der Finanzdeal namens Omega55. Als Vorstände der norddeutschen Landesbank HSH Nordbank genehmigten die sechs Männer Ende 2007 dieses 2,4 Milliarden Euro Geschäft – hastig und übereilt, und obwohl es wirtschaftlich nutzlos für die HSH Nordbank war. Unter ihnen: Prof. Dirk Jens Nonnenmacher, genannt Dr. No. Er wurde zum öffentlichen Gesicht der folgenschweren Entscheidung, denn Omega55 war 2008 mitverantwortlich für den Fast-Ruin der Landesbank.
Im Juli 2013 fanden sich die Ex-Landesbanker auf der Anklagebank wieder. Wegen schwerer Untreue im Fall von Omega55 beziehungsweise Bilanzfälschung. Der Prozess endete überraschend mit Freisprüchen. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein.
Die im Juli 2014 gesprochenen Freisprüche können als skandalös bezeichnet werden. Die Richter der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts hatten den sechs angeklagten Ex-Vorständen nämlich – mindestens bedingt vorsätzliche – Pflichtverletzungen nachgewiesen. Sie stuften diese Pflichtverletzungen aber als „nicht schwerwiegend“ ein. Die Richter präzisierten dabei aber nicht, was schwerwiegend gewesen wäre. Zudem wirkten die angeführten Argumente für die Freisprüche aus Praktikersicht realistätsfern, teils lapidar und unlogisch.
Nach den zweifelhaften Freisprüchen der Banker setzte aber keine öffentliche Diskussion ein. Was blieb war Schweigen. Weil die Staatsanwaltschaft Hamburg Revision einlegte, urteilte am 12. Oktober 2016 der BGH. Er entschied: Die Begründung der Freisprüche hielten der Revision nicht stand. Die Hamburger Richter haben „durchgreifende Rechtsfehler“ begangen, urteilte der BGH. Er wies den Fall zurück an das Landgericht Hamburg. Somit wird der Straf-Prozess um das Finanzgeschäfts Omega55 erneut verhandelt. Wann steht noch nicht fest, vermutlich nicht vor Ende 2017, eher wohl 2018.
Ich habe als Wirtschaftsjournalistin den einjährigen Prozess durchweg im Gericht verfolgt. Daraus ist das Buch zum HSH Prozess entstanden: „DR. NO und die Unschuldigen – der Prozess gegen sechs Ex-Vorstände der HSH Nordbank“ Tag für Tag. Durch dieses Prozesstagebuch wird für jeden Interessierten erstmals ein Wirtschaftsstrafprozess nach erlebbar und jeder kann sich sein eigenes Urteil über den Ausgang des Prozesses bilden. Das Prozesstagebuch zeigt zudem beklemmend, wie Banker denken und handeln – unreflektiert, eigennützig, nachlässig, sich um sich selbst drehend, riskant für die Gesellschaft.
In der Kompaktheit der Buchform wird auch die Wahrheit über den Niedergang der HSH Nordbank sichtbar. Die HSH ist nicht etwa ein Opfer der Finanzkrise, wie das viele Verantwortliche aus dem Dunstkreis der Landesbank immer wieder betonen, sondern nach meiner Auffassung ein Opfer ihrer Führungskräfte – Vorstände wie Aufsichtsräte. Und die Bankenaufsicht – BaFin und Deutsche Bundesbank – sah bei allem zu.
Der Bericht stammt von der Hamburger Produktionsfirma Black Peach Media zum Anlass der Buchpräsentation im April 2015.
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